By Peter Hocke-Bergler
Nach welchen Mustern und mit welcher Selektivität berichten Massenmedien über lokalen Protest? Dieser Frage geht die Fallstudie für den Raum Freiburg in den 1980er Jahren nach. Sie vergleicht ungewöhnlich umfangreiche und hochwertige Zeitreihendaten, die aus Polizeiakten und Medienquellen gewonnen wurden. Die Studie zeigt, dass für Freiburg ein ausgesprochen vitaler Bewegungssektor diagnostiziert werden kann. Lokalpresse und überregionale Presse waren bei der Berichterstattung hochgradig selektiv und hatten jedoch gleichzeitig unterschiedliche Auswahlmuster. Nachrichtenfaktoren spielten bei der Auswahl der Proteste, die die Medien als berichtenswert einstuften, eine wichtige steuernde Rolle.
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Ein Beispiel fiir eine Studie dieser Art, die sich der Protestberichterstattung widmet, ist Michel (1987). 44 Formen der Medienselektivitiit - Entwicklung einer theoriegeleiteten Fragestellung aile Klassen von Ereignissen einschlieBt (Schulz 1976; ders. 1982; Rohr 1978; Wilking 1990; Staab 1990, S. 40-92). Der Sturz von Regierungen steht neben RegierungserkUirungen, der Absturz eines Flugzeuges neben einem Fahrradunfall und die Presseerklarung eines Umweltverbandes neben Prasidentenwahlen. Alle Ereignisse dieses Spektrums werden - so die Modellannahme - nach einem insgesamt stabilen Muster durch die Massenmedien bearbeitet.
Von seiner Grundkonstruktion bietet das Nachrichtenwert-Konzept diese Moglichkeit an. Das Ereignis wird dabei als ,,Anlass" und "Vergleichspunkt" fur die Nachricht betrachtet. Bei der Nachrichtenverarbeitung nehmen die joumalistischen Akteure in ihrer Rolle als Beobachter und Produzenten von Offentlichkeit das einzelne Ereignis mit seinen Merkmalen auf, bewerten die Merkmale und entscheiden daraufhin iiber die Publikationswiirdigkeit. Schulz stuft den Einfluss von ereigniszentrierten Nachrichtenfaktoren sogar so hoch ein, dass sie nicht nur Kriterium fur die Auswahl einer Meldung sind: ,Jst ein Ereignis aufgrund dieser Kriterien (Nachrichtenfaktoren; ph) fur nachrichtenwiirdig empfunden, werden die Merkmale, die seinen Nachrichtenwert bestimmen, von den Medien akzentuiert, iiberbetont" (Schulz 1989, S.
Der Berichterstattung tiber Ereignisse wendet sie sich nur selten zu (vgl. Neidhardtl Gerhards et al. 1993, S. 4; Kaase 1986, S. 359). Auch wenn politische Interessenvermittlung und damit einhergehende Konflikte, die immer wieder auch in Protesten ihren Niederschlag finden, zu den Kernbereichen der Politikwissenschaft zahlen, sieht es bei den Antworten auf die Frage nach der Bedeutung von Medienselektivitat im politischen Prozess nicht viel besser aus. So beklagt z. B. Gerhards, dass Massenmedien auch in der Demokratietheorie nur randstandig bearbeitet werden (Gerhards 1991, S.